Licht aus bei Photocase! Photocase gibt auf. Die deutsche Bildagentur Photocase, bekannt für ihren einzigartigen künstlerischen Ansatz in der Stock-Foto-Branche, wird zum 20. Dezember 2024 ihre Pforten schließen. Über 1 Million Bilder mit authentischem Style und geballter Kreativität verschwinden mit ihr und machen der makellosen Welt der KI-Bildgeneratoren platz.
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Das 2001 gegründete Unternehmen, Photocase Addicts GmbH in Berlin, hat sich über zwei Jahrzehnte hinweg als Alternative zu den großen kommerziellen Bildanbietern etabliert und war besonders in der Kreativbranche geschätzt. Anders als die Masse der Stock-Foto-Anbieter setzte Photocase von Beginn an auf eine kuratierte Auswahl hochwertiger, authentischer Bilder. Die Agentur entwickelte sich aus einer Community-Plattform, die besonders bei Studierenden beliebt war, und wurde 2005 zu einem kommerziellen Anbieter. Mit ihrer nicht-kommerziellen Bildästhetik und einem fairen Vergütungsmodell für Fotografen schuf Photocase eine eigene Nische im hart umkämpften Bildermarkt.
Kostenlose Bildportale und KI
Doch die Herausforderungen der letzten Jahre haben dem Unternehmen zugesetzt. Die zunehmende Verfügbarkeit kostenloser Bildportale und die sich abzeichnende Flut von KI-generierten Bildern machten es für die spezialisierte Bildagentur immer schwieriger, wirtschaftlich zu bestehen. Trotz erfolgreicher Sanierung im Jahr 2019 und stabiler Umsätze in den folgenden Jahren konnte das Unternehmen dem wachsenden Margendruck nicht standhalten.
Einzigartige Bildauswahl
Die Bilder bei Photocase waren einfach anders und passten so gar nicht in die klinisch reine Fotografie der Werbewelt. Teilweise trashig, schmutzig, oft scheinbar unprofessionell, aber letztlich sehr authentisch mit unheimlich viel Charme, Kreativität und immer irgendwie stylisch.
Ich selber war von fast Anfang an dabei, als Photocase noch ein Portal in Form einer kostenlosen Tauschbörse für Bilder war und blieb für viele Jahre aktives Mitglied, verlor jedoch die Lust, als Photocase immer kommerzieller wurde. Die Preise für die Bilder wurden stetig höher gesetzt. Ich empfand sie als zu teuer dafür, dass der Großteil der Bilder nicht von professionellen Fotografen stammt, sondern von Freizeit- und Hobby-Fotografen, die damit nicht ihr Geld verdienten.
Unangenehme Geschäftspraktiken
Auch der ständige Druck und die Warnhinweise an Bildeinkäufer, dass bei der Verwendung immer der Name des Fotografen und die Agentur Photocase am Bild zu nennen sei, empfand ich als unangenehm und weltfremd (zumal 95% der Fotografen eh nur anonym mit ihrem Nickname auftraten) – in der Werbung kann man nicht den Namen des Fotografen an das Bild schreiben, das geht gar nicht. Photocase dürfte einen beachtlichen Teil ihres Umsatzes schlicht mit der Verfolgung von Copyrightverstößen erwirtschaftet haben. Beliebt macht sowas nicht. Erst recht nicht, wenn man das Bild zumindest legal erworben hatte. Daher habe ich so gut wie nie Bilder von Photocase gekauft und genutzt. Meinen eigenen Bildern bei Photocase fügte ich stets den Hinweis hinzu, dass entgegen den Nutzungsbedingungen von Photocase mein Name nicht genannt werden müsse.
Und letztlich wurde auch das Einreichen eigener Bilder immer frustrierender. Von hundert eingereichten Bildern schafften es oft nur 1-3, wenn überhaupt, während man teilweise fassungslos vor dem Bildschirm saß, wenn man sah, welche Bilder diese Woche wieder angenommen wurden. Ja, es war manchmal einfach unbegreiflich, dennoch muss ich eingestehen, dass das Portfolio von Photocase insgesamt gesehen dann doch sehr stylisch und einzigartig war. Das Gesamtergebnis gab ihnen also Recht.
Eine persönliche Community
Nicht nur die Bildauswahl war auf dem Bildermarkt einzigartig, auch die Community – der Austausch und Zusammenhalt der Fotografen, Künstler, Kreativen dürfte in dieser Form einzigartig gewesen sein. Man tauschte sich aus, traf sich sogar zu gemeinsamen Fotowochenenden, man kannte sich.
Die Geschäftsführung um Dittmar, Kai und Xavier hat sich für einen transparenten Abschied entschieden. Bis zum letzten Betriebstag können Fotografen ihre Guthaben auch unter der bisherigen 100-Euro-Schwelle abrufen. Neue Bilder werden bereits nicht mehr angenommen. Am 20. Dezember werden dann alle Bilder und Daten, die nicht aufbewahrungspflichtig sind, gelöscht.
Das Ende von Photocase
Das Ende von Photocase markiert einen weiteren Einschnitt im sich wandelnden Markt für Stockfotografie, der zunehmend von kostenlosen Angeboten und künstlicher Intelligenz geprägt wird. Mit der Schließung verliert die Kreativbranche einen Anbieter, der für authentische Bildsprache und künstlerische Qualität stand.
Photocase geht wahrscheinlich einfach nur etwas zu früh die Puste aus, denn ich könnte mir vorstellen, dass bereits in 3 bis 5 Jahren die Gesellschaft von den aalglatten KI-Bildern dermaßen die Schnauze voll haben wird, dass Bilder, wie Sie bei Photocase zu finden waren, wieder absolut gefragt sein könnten.
Photocase war weit mehr als eine Bildagentur. Es war ein Bilderarchiv mit scharfem Blick auf unser Leben und die Gesellschaft – insbesondere der deutschen. Die Löschung dieses Bilderpools ist damit auch ein herber kultureller Verlust. Ja, eigentlich müsste das Bildarchiv als digitales Kulturerbe geschützt und gesichert werden. Aber schon klar – das wird natürlich nicht passieren.
3 Antworten
Voll traurig!! Ich habe da immer gerne vorbeigeschaut und es gab immer neue wirklich coole Bilder. Habe sogar auch mal versucht, da was hochzuladen. Aber sie haben kein Bild von mir genommen. 😮
dann sind bald alle diese wundervollen bilder futsch? und man kann gar nichts dagegen tun? katastrophe :((
Ich musste mal vor vielen Jahren über 1.000 € für eine Abmahnung zahlen, weil ich im guten Glauben ein Bild bei Photocase erworben hatte, der Uploader aber ein Betrüger war, der einfach die Bilder anderer Fotografen hochgeladen hatte. Photocase hatte jede Verantwortung von sich gewiesen und auf ihre Nutzungsbedingungen verwiesen. Abmahnen können sie, aber Verantwortung übernehmen nicht. Photocase, du stirbst? Halleluja!! 😀